Aktuelles

03.10.2017

27 Jahre Deutsche Einheit

Rede von Jörg Kiesewetter MdL

27 Jahre Deutsche Einheit - Rede Jörg Kiesewetter MdL

Liebe Freunde der CDU Delitzsch,

es ist mir eine besondere Freude auch in diesem Jahr ein paar Worte an Sie zu richten.

In jedem Jahr ist es eine besondere Herausforderung sich mit dem Dreiklang aus Einigkeit, Recht und Freiheit inhaltlich neu auseinander zusetzen und diese Trias neu zu denken.

Wir haben erst vor wenigen Tagen die Bundestagswahl gehabt. An dieser Stelle gilt mein Glückwunsch unserem frisch wieder gewählten Abgeordneten im Deutschen Bundestag Marian Wendt der mit einem engagierten Wahlkampf sein Mandat hart verteidigt hat. Marian, an dieser Stelle nochmal herzlichen Glückwunsch.

Ich will es bei dieser Gelegenheit nicht versäumen, ein paar Gedanken zur Situation und Stimmung in unserem Land zu äußern.

Die Wahl am 24. September hat für mich folgendes gezeigt: Erstmals ist mit der AfD eine rechtspopulistische Partei in den Deutschen Bundestag eingezogen. In vielen Teilen des Landes mit beachtlichen Stimmenergebnissen. In Sachsen lag das Wahlergebnis der AfD mit 0,1 % sogar vor dem der CDU.

Drei Aussagen sind für mich in diesem Zusammenhang von Bedeutung:

  1. Ich glaube nicht, dass 30 Prozent der Sachsen der AfD wirklich zutrauen, die Probleme des Landes zu lösen. Aber der CDU trauen es ganz offenkundig sehr, sehr viele Wähler derzeit auch nicht zu.
  2. Nur auf den Bund zu zeigen und ansonsten "Weiter so", wird in Sachsen nicht reichen. Wir haben eine ganze Reihe von landespolitischen Baustellen - Schule, Kita, Polizei - die ganz wesentlich zur Wahrnehmung von Politik bei den Bürgern beitragen, und die gemeinsam mit Bundesthemen wie Asyl und Euro zu diesem Ergebnis geführt haben. Es gibt auf allen politischen Ebenen genug zu tun.
  3. Die Wähler haben linken Experimenten - Stichwort R2G - eine krachende Absage erteilt. Wenn Vertrauen vorhanden ist, dann in die Union. Diesen Auftrag müssen wir annehmen. Natürlich sind wir mit dem Ergebnis nicht zufrieden, aber wir müssen es annehmen!
Dieses Ergebnis ist der Alarmruf an uns.

Die Demoskopen haben herausgefunden, dass 60 bis 70 Prozent die AfD aus Protest gewählt haben. Das sind also keine politischen Extremisten, sondern Menschen, die in der Vergangenheit die Grünen, die Linken, die Sozialdemokratie, die Union oder gar nicht gewählt haben. Sie sind schlichtweg enttäuscht.

Die Menschen in diesem Land haben von den fruchtlosen Debatten um Obergrenzen, Sichere Herkunftsstaaten, zu wenig Lehrer, zu wenig Polizei, von Minderheitsthemen wie „GenderGaga“, „Ehe für Alle“, „Veggie-Days“ (…) die Nase voll.

Dem gegenüber steht die Wahrnehmung der täglichen Realität:
  • gefühlte staatliche Bevormundung durch überbordende Regulierungen
  • Ortsumfahrungen die selbst nach 16 Jahren Diskussion nicht gebaut sind
  • ehemalige Tagebauseen vor der Haustür, an denen Baden aus Gründen des Vogelschutzes nicht erlaubt ist
  • Ver- und Behinderung von sämtlichen Infrastrukturprojekten durch u.a. zu weit gefasste Verbandsklagerechte und zu komplexe Verfahren
  • Bauern und Landwirte die zunehmend als Tierquäler und Giftmischer abgestempelt werden oder
  • linke Chaoten und Gewalttäter in Hamburg, die von den Medien als „Aktivisten“ bezeichnet werden...(usw.)


All das nehmen die Menschen sehr sensibel wahr.

Die meisten wollen vor allem Sicherheit und Stabilität. Das gilt beruflich und privat. Innenpolitisch und Außenpolitisch.

Man muss die Sozialdemokraten nicht mögen. Aber im Verlaufe der letzten Legislaturperiode des Bundestages wurden gemeinsam zahlreiche Neuregelungen im Bereich der Sicherheit auf den Weg gebracht mit inhaltlichen Positionen, für die es bei Grünen und FDP nicht einmal einen Ansprechpartner gibt.

Im Hinblick auf die aktuelle Diskussion um eine mögliche Jamaika-Koalition im Bund bin ich deshalb bestenfalls vorsichtig optimistisch. Umso wichtiger ist es also, dass die Union gerade jetzt ihr konservatives Profil wieder entdeckt und schärft. Weitere Annäherungen nach links verbietet sich und ist für die Union kontraproduktiv.

Die Lösung liegt für mich – so wie es unser Ministerpräsident Tillich fordert – in einem Kurswechsel der Union nach MitteRechts.

Derartige Forderungen aus Dresden und anderswo her sind im Übrigen nicht neu. Man war dafür in den letzten zwei Jahren in anderen Teilen der Republik nur ein bisschen tauber.

Bei der Forderung nach einer Kurskorrektur geht es nicht darum Positionen der AfD zu übernehmen. Unsere Aufgabe ist es vielmehr, sich nach links und rechts klar abzugrenzen. Die Abgrenzung hilft der Union. Und sie zwingt zu einer sachlichen Auseinandersetzung. Inhaltlich müssen wir auch zukünftig aus Sachsen heraus immer wieder den Schulterschluss mit der CSU in Bayern suchen.

Maßstab unseres Handelns muss dabei das immer wieder zu erneuernde Bekenntnis zu Einigkeit, Recht und Freiheit in unserer Nation sein.

Einigkeit: …brauchen wir zuerst innerparteilich… Das ist eine politische Diskussion innerhalb der Partei welche in den Entsprechend Gremien etc. zu führen ist. Zum anderen brauchen wir aber auch Einigkeit innerhalb unserer Gesellschaft – in erster Linie i.S.v. Solidarität im Umgang untereinander und miteinander bei der gemeinsamen Bewältigung der Aufgaben unserer Zeit. Dazu zählt für mich auch dass es mit der Geringschätzung einzelner Landesteile durch Vorurteile und Pauschalisierungen ein Ende haben muss.

Ein Beispiel: Als sich Ende August in einem Hamburger Gefängnis ein mutmaßlicher Islamist erhängte, nahm davon kaum jemand Notiz. Weder war von Staatsversagen die Rede, noch wurde ganz Hamburg in Mithaftung genommen. Als selbiges vor einem Jahr in Leipzig passierte, wurde Sachsen kurzerhand zum Failed State erklärt. Wies man damals vorsichtig auf Stuttgart Stammheim hin, wo unter Staatsaufsicht drei Terroristen Suizid begangen hatten, hieß es, das könne man als Ostdeutscher nicht beurteilen.

Wir brauchen kein Ossi-Bashing und keine #SchandfleckTitelseiten.

Nur gemeinsam entwickeln wir unser Land nach vorn.

Recht:
Für die Union liegt der Erfolg vor allem auch im Wahrnehmen, was den Menschen Sorge macht und dem Angebot einer rechtsstaatlichen Lösung, die effektiv und unmittelbar wirkt. Recht schafft Legitimität und Vertrauen. Darauf war bisher Verlass und sollte es auch in Zukunft sein.

Freiheit:
Ein Tischler berichtet mir kürzlich im Bürgergespräch, dass er Arbeiten, die in seinem Meisterbrief stehen, nur noch mit EU-Zertifizierung ausführen darf. Zertifiziert werde jedoch nicht einmalig, sondern je nach Art des Produktes, was ihn etwa beim Fensterbau mehrere tausend Euro je Element kostet. Für ihn als Kleinstbetrieb sei das „nicht darstellbar“, zumal er ohnehin vor einem „erdrückenden Berg“ an Vorschriften steht, von Dokumentationspflichten bis zur Energieeinsparverordnung.

Dabei hatten sich doch Unternehmen wie auch Kommunen mit der Wiedervereinigung gerade mehr Selbstbestimmung und weniger staatliche Gängelung versprochen. Dass die AfD das reduzieren will und gegen zu viel EU-Einfluss ist, hat er wahrgenommen; dass sie kein Konzept hat, auch. Aber die anderen Parteien hätten es ja nicht mal angesprochen.

Wir müssen als zukünftig den Wunsch nach mehr Selbstbestimmung und Deregulierung ernster nehmen. Das gilt gegenüber privaten und öffentlichen Trägern gleichermaßen. Es braucht hier schlicht mehr Luft zum Atmen.

Zu Schluss: Globalisierung, Digitalisierung, Klimawandel und Migrationsdruck werden an uns nicht vorbeigehen.

Wir müssen deshalb darauf mit Antworten (und vielleicht auch [neuen] Köpfen) reagieren die die Menschen akzeptieren und mit tragen.

Das Wahlergebnis zeigt: Die Menschen wünschen sich einen starken Staat.

„Die Leute wollen, dass Deutschland Deutschland bleibt. Sie wollen keine Parallelgesellschaften und keinen Anstieg der Kriminalität. Sie wollen nicht, dass religiöse oder politische Auseinandersetzungen unter Flüchtlingen hier ausgetragen werden.“

Wir haben also auf allen Ebenen viel zu tun. Seriöse und mehrheitsfähige Lösungen dazu traue ich nur der Union zu.

Dazu braucht es ein kantiges Profil der Union mittig – rechts, klare und deutliche Ansagen wo wir mit unserem Land hinwollen. Und dazu braucht es
  • den Willen zu mehr Einigkeit untereinander
  • ein starkes Bekenntnis zum Rechtsstaat und
  • den Mut zu mehr Freiheit.